Die Beweisaufnahme des Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss am 6. April sagten zwei Zeugen des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz und ein Polizeibeamter aus, der für das inzwischen aufgelöste Sonderdezernat 65 bei der Thüringer Polizei tätig war.
Der langjährige Mitarbeiter des Verfassungsschutz Gerd Lang gab in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss an, dass sein Amt bei der Beobachtung den Schwerpunkt auf die Rockergruppen Hells Angels, Gremium und Bandidos gesetzt hätten.
Trotz seiner verschiedenen Funktionen, als Vizepräsident und Leiter in den Abteilungen Auswertung und Beschaffung, konnte der Zeuge Lang der Untersuchung der Verflechtungen der Organisierten Kriminalität (OK) und Rechtsextremismus aus unserer Sicht keinen Beitrag leisten.
Dass ein Funktionsträger des Verfassungsschutzes vielen Fragen damit entgegnete, dass er sich nicht erinnere, verwunderte einen Teil der Ausschussmitglieder.
Der Zeuge Lothar Seel, der vormals als Leiter für die Abteilung Organisierte Kriminalität beim Verfassungsschutz tätig war, berichtete, dass im Rahmen der OK-Ermittlungen eine Konzentration auf drei Bereiche gab: Rockerwesen, asiatische Kriminalität [sic!], italienische Mafia
Die Konzentration auf das Rockerwesen fuße darauf, dass alle Verfassungsschutzämter die ihre Zuständigkeit um Rockergruppierungen erweitert haben, sich an Bayern orientierten.
Deutlich wurde durch den Zeugen, dass der V-Mann „Tinte“, der im Bereich OK eingesetzt wurde, nicht bzgl. seiner existierenden extrem rechten Bezüge überprüft wurde. Deswegen konnte die Aussage, dass es keine Verflechtungen zwischen Organisierter Kriminalität und Rechtsextremismus gebe, nicht nachvollzogen werden. Dieser V-Mann soll durch das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Thüringer Amt überlassen worden sein. Nach Seel sei dieser Umstand schon eine Bewertung der Arbeit des V-Mannes. Denn ein V-Mann, der sich durch seine Arbeit bewährt habe, würde nicht überlassen werden. Seel habe diese menschliche Quelle auch deswegen abgeschaltet.
Die Ausschussmitglieder waren über die Praxis verwundert, dass Polizist*innen, die zeitweise für den Verfassungsschutz in Thüringen arbeiteten, eine Entpflichtungserklärung unterschreiben mussten. Das bedeutet, dass der*die Polizist*in bei einer Kenntnis von einer Straftat, diese nicht anzeigen musste. Im Laufe der Nachfragen stellte sich heraus, dass diese Praxis keine rechtliche Grundlage habe.
Die Vernehmung vom Zeugen Mario Melzer war von Unterbrechungen der Vertreter des Innenministeriums begleitet, die den Zeugen auf den Untersuchungsgegenstand hinwiesen.
Mario Melzer war vormals beim Sonderdezernat 65 tätig, das zwischen 1993-1995 beim Landeskriminalamt in Thüringen existiert und im Bereich Organisierte Kriminalität ermittelt hat. Nach der Aussage des Zeugen hätten die Umtriebe der Organisierten Kriminalität im Raum Jena unter Kontrolle gehalten werden können, wenn dieses Dezernat fortbestanden hätte.
Melzer berichtete von den personellen Zwistigkeiten, die innerhalb der Kameradschaft Jena existiert haben.