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Bericht zur 30. Sitzung des Untersuchungsausschuss 6/1 „Rechtsterrorismus & Behördenhandeln“ am 11. Mai 2017

Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss befasste sich in seiner 30. Sitzung hauptsächlich mit zwei Gegenständen: Dem Sonderdezernat 65 und der Lücke bei Telekommunikationsüberwachungen (TKÜ) im NSU Umfeld. Gehört wurden der Leiter und ein Mitarbeiter des 1995 aufgelösten Sonderdezernats 65 und zwei Zielfahnder, die mit der TKÜ-Maßnahme zur Lokalisierung des Aufenthaltsortes von den untergetauchten Rechtsterrorist*innen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe betraut waren.

Das Sonderdezernat 65 hat zwischen 1991-95 existiert, das sich auch unter anderem mit Fällen der Organisierten Kriminalität (OK) befasst hat. Laut den beiden Zeugen soll dieses Dezernat erfolgreiche Arbeit geleistet haben, so dass beispielsweise die OK-Strukturen in Jena eingegrenzt werden konnten.

Als einen Erklärungsgrund, weshalb das Sonderdezernat 65 aufgelöst wurde, gab ein Zeuge an, dass die Ergebnisse des Sonderdezernats von den Verantwortlichen in der Polizei und politischen Entscheidungsebenen nicht wohlwollend aufgenommen wurden. Die beiden Zeugen Wunderlich und Dressler, die mit dem Auffinden der untergetauchten Rechtsterrorist*innen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe beauftragt waren und hierfür TKÜ-Maßnahmen bei extrem Rechten und Familienangehörigen der Flüchtigen durchführen ließen, konnten die Lücke bei der Dokumentation der Überwachungsmaßnahme gegen Jan Werner, der eine führende Person des Blood & Honour-Bewegung Sachsen war, nicht erklären. Die Zeugen schlossen ein Zustandekommen der Lücke wegen technischen Gründen aus. Die Beamten konnten nicht ausschließen, dass die Lücke durch vorsätzliches Einwirken entstanden ist.

Nachvollziehbar war für die Ausschussmitglieder nicht, dass eine Handynummer Kontakt mit dem überwachten Anschluss von Werner aufnahm, die vier Jahre zuvor von der Polizei genutzt wurde. Eine weitere Handynummer, die an das Innenministerium von Brandenburg ausgegeben war, nahm ebenfalls Kontakt auf. Bei der Dokumentation der Überwachung von Jan Werner fehlen über 100 Verbindungen. Piatto, der V-Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes, gab seinem V-Mann-Führer den Hinweis, dass Jan Werner den Auftrag hatte, für die Untergetauchten eine Waffe zu besorgen. Diese Lücke in der Telekommunikationsüberwachung könnte Hinweise über die Waffenbeschaffung für die NSU-Terrorzelle beinhalten und erhöht die Bedeutung dieses Gegenstands.