Thüringen ist die Hochburg für Rechtsrockkonzerte und extrem rechte Liederabende. Die Rechtsrockkonzerte werden häufig als politische Versammlungen angemeldet. Um zu klären, ob sie auch solche Versammlungen sind und wie mit ihnen aus rechtlicher Perspektive umgegangen werden kann, hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag von Prof. Dr. Günter Frankenberg von der Goethe Universität Frankfurt am Main ein Gutachten unter dem Titel „Vereinbarkeit von Rechtsrockkonzerten mit dem Grundgesetz und dem Versammlungsrecht“ erstellen lassen. Madeleine Henfling, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus, bewertet die Situation in Thüringen:
„Im Vergleich zu 2011 haben sich die Rechtsrockkonzerte unter freiem Himmel vervierfacht, von drei auf zwölf Events. Bei den Teilnehmerzahlen gab es einen nicht zu unterschätzenden Anstieg: Während 2015 noch 2.515 Personen an diesen Konzerten teilnahmen, wuchs diese Zahl auf 6.526 in 2016. Für das laufende Jahr prognostizieren Expertinnen und Experten einen neuen Höhepunkt. Für die bevorstehenden Konzerte sollen sich mehrere tausend Neonazis in Thüringen zusammenfinden.
Extrem rechte Konzertveranstaltungen werden unter dem Deckmantel „politische Versammlung“ veranstaltet und genießen so alle Freiheiten, die das Versammlungsrecht und das Grundgesetz gewährt. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass sie Teil des extrem rechten Vergnügungsangebots darstellen. Es werden Eintrittsgelder – oftmals als Spende ausgezeichnet – eingenommen, T-Shirts, CDs und Snacks verkauft. Nicht anders als bei anderen Vergnügungsveranstaltungen auch. Nur dass diese Veranstaltungen noch zusätzlich zur Vernetzung einer höchst gewaltbereiten, menschenverachtenden Klientel dienen.
Wir sind der Meinung, dass es eine verstärkte Prüfung des Gesamtgepräges dieser Rechtsrockkonzerte durch die zuständigen Ordnungsbehörden braucht, um zu klären, ob diese tatsächlich dem Charakter einer Versammlung entsprechen. Mit Blick auf die nicht unerheblichen Einnahmen, die dort durch Eintrittsgelder erzielt werden, bezweifeln wir den Versammlungscharakter dieser Veranstaltungen“, so Madeleine Henfling.
„ Die Ordnungsbehörden und die Zivilgesellschaft gegen Rechts vor Ort brauchen Unterstützung auch von Seiten des Landes. Eine Überlegung ist es, eine Stelle zu schaffen, die juristisch diesen Behörden zur Seite steht, sie berät und stärkt. Das Mindeste wäre eine Ansprechperson. Denn vielleicht können Rechtsrockkonzerte nicht in Gänze verhindert werden, aber es gibt Möglichkeiten, Thüringen zu einem unattraktiven Ort für extreme Rechte zu machen. Dafür braucht es Entschlossenheit und Kreativität.
Für das bevorstehende Rechtsrockevent in Themar wünschen wir uns als GRÜNE, dass sich alle demokratischen Engagierten und Parteien Seite an Seite gegen extreme Rechte stellen. Die Engagierten vor Ort müssen eine Anerkennung und Wertschätzung genießen. Es müssen klare Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt werden. Ansonsten bekommen wir diese langfristige Herausforderung nicht in den Griff“, so Madeleine Henfling.