Angesichts der heutigen Urteilsverkündung im sog. Turonen-Prozess im Zusammenhang mit der angeklagten Bildung einer kriminellen Vereinigung und bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln, Geldwäsche, Zwangsprostitution sowie Verstößen gegen das Waffengesetz erklärt Madeleine Henfling, Obfrau im Untersuchungsausschuss 7/3 „Politische motivierte Gewaltkriminalität“ und Sprecherin für Innenpolitik der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Dass das heutige Urteil des Landgerichtes Erfurt deutlich hinter die Forderungen der Staatsanwaltschaft zurückfällt, ist mehr als bedauerlich. Die Bruderschaft Thüringen ist seit über zehn Jahren in Thüringen aktiv, unter anderen als Hausgemeinschaft Jonastal, verantwortlich für den brutalen Angriff auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt sowie der Organisation von Rechtsrockgroßevents in Thüringen.
Die Turonen sind national und international vernetzt. Vor diesem Hintergrund ist es absolut unverständlich, dass die forcierte Verfestigung extrem rechter Strukturen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung durch das Gericht verworfen wurde. Nur wenn die Thüringer Gerichte konsequente Urteile fällen, zeigen diese auch Wirkung in der rechten Szene. Daher erwecken die getroffenen Urteile gegen den Hauptangeklagten Wagner und andere Turonen-Mitglieder nicht den Eindruck, dass Aktivitäten der extremen Rechten effektiv verfolgt werden. Stattdessen werden die Aktivitäten der Turonen entpolitisiert. Die Landesregierung muss die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden deshalb bei ihrer Arbeit künftig ausreichend unterstützen – mit ausreichen Fortbildungsangeboten, Richtlinien für vorurteilsmotivierten Taten und perspektivisch einer Zentralstelle für Hasskriminalität.“
Hintergrund:
Die Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche in ihrem Plädoyer hohe Haftstrafen, unter anderem von 15 Jahren für den Hauptangeklagten Thomas Wagner, von 12 Jahren für seine Partnerin, von 12 Jahren für den Angeklagten Rocco B., von 11 Jahren für Peter-Timm M. sowie für weitere Angeklagte und eine Bewährungsstrafe gefordert. Aufgrund einer festen Organisation mit klaren Rollenverteilungen und Aufgaben, der freundschaftlichen Beziehungen zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen, darunter der Barnimer Freundschaft, sowie dem Ziel den Hoheitsanspruch der Bruderschaft in der extremen Rechten auszubauen, sah die Staatsanwaltschaft die Bildung einer kriminellen Vereinigung in besonders schwerem Fall als gegeben an. Hierzu zitierte die Staatsanwältin aus internen Gesprächen der Gruppe. Die extrem rechte Vergangenheit der Bruderschaft wurde hinlänglich dargestellt. Auch wurde ausgeführt, dass mutmaßlich die Organisation von Rechtsrockkonzerten nur aufgrund der Corona-Pandemie unterbrochen wurde.