17.06.2024
Die heute von ezra, MOBIT, KomRex und IDZ veröffentlichten „Thüringer Zustände 2023“ kommentiert Madeleine Henfling, Sprecherin für Innenpolitik und Antifaschismus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag, wie folgt: „Wir müssen die beschriebenen Zustände endlich ernst nehmen und entschlossen handeln. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Schwerpunkt rechtsmotivierter Gewalt im Freistaat nimmt stark zu. Diese beunruhigende Entwicklung ist direkt auf das Erstarken der extrem rechten AfD zurückzuführen. Im Rahmen des Untersuchungsausschuss 7/3 lagen uns auch die zahlreichen Beispiele vor, in denen sich Täter*innen positiv auf die AfD beziehen, die Machtoption der AfD zur Drohung an ihre Opfer verwendeten. Aus der Forschung wissen wir, dass die AfD als wesentliche Unterstützerin von Vorurteilskriminalität betrachtet werden muss. Sie fungiert als parlamentarischer Arm der extremen Rechten und trägt erheblich dazu bei, dass Thüringen sich vor Weltoffenheit verschließen könnte.“
„Nazis fühlen sich ermächtigt, ihre menschenverachtenden Ideologien offen auszuleben. Die erschreckende Kontinuität rechter Gewalt darf nicht ignoriert werden. Weitere Eskalationen sind zu befürchten, wenn nicht sofort und entschieden dagegen vorgegangen wird. Betroffene Menschen überlegen ernsthaft, ob sie Thüringen verlassen sollen, weil sie sich hier nicht mehr sicher fühlen. Es ist nicht nur die reale Gefahr von Gewalttaten, sondern auch die alltäglichen Erfahrungen von Diskriminierungen und Beleidigungen, die die Situation unerträglich machen“, so die Innenpolitikerin weiter.
„Hinzu kommt, dass sich Investoren zweimal überlegen, ob sie überhaupt noch in Thüringen investieren wollen. Unternehmen suchen andere Standorte und Menschen schauen sich andernorts nach Arbeit und einem Leben in Sicherheit um. Die aktuelle Situation schadet nicht nur dem sozialen Gefüge, sondern auch der wirtschaftlichen Attraktivität des Freistaates. Ein Klima der Angst und Unsicherheit vertreibt nicht nur Menschen, sondern auch wirtschaftliche Chancen. Wir müssen uns solidarisieren und den Menschen klarmachen, dass Rassismus keine Alternative ist. Sicherheitsdebatten müssen im Interesse derjenigen geführt werden, die von rechter und antisemitischer Gewalt bedroht sind. Daher sind wir dankbar, dass die Herausgebenden und Autor*innen der Thüringer Zustände kritisch Bilanz ziehen und einen starken Appell an die Politik richten. Wir dürfen die Zivilgesellschaft insbesondere auch über dieses Superwahljahr hinaus nicht alleine lassen. Dass wir in diesem Jahr die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Thüringen (RIAS Thüringen) aufstocken konnten, ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Verschiedene Untersuchungen zeigen, wie gerade im ländlichen Raum ein größerer Unterstützungs- und Beratungsbedarf besteht. Jüngste Meldungen über Kürzungen im Bundesprogramm ‚Demokratie leben‘ sind daher das falsche Signal“, so die Innenpolitikerin abschließend.
Hintergrund:
Die Publikation „Thüringer Zustände 2023“ bietet eine faktenbasierte Darstellung und kritische Einordnung der Situation des Rechtsextremismus, des Antisemitismus und Rassismus, der Abwertung, Diskriminierung und Hassgewalt im Freistaat Thüringen im Jahr 2023.
Herausgegeben wird die Publikation von ezra – Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen, von MOBIT – Mobile Beratung in Thüringen – für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, vom KomRex – Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Friedrich-Schiller-Universität Jena und vom IDZ – Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft.